Individuelle Lebenswege

Wenn Freiheit Unterstützung braucht: Grundsätze einer liberalen Sozialpolitik

Ziel einer liberalen Sozialpolitik ist es, Menschen zu Piloten ihres eigenen Lebens zu machen. Liberale Sozialpolitik reißt Barrieren nieder und eröffnet Chancen. Die Chancen ergreifen muss jede Einzelne und jeder Einzelne jedoch selbst. Sie schützt Menschen vor und hilft ihnen aus der Armut. In Fällen, in denen dies nicht gelingt, unterstützt sie Menschen, die ihr eigenes Leben nicht aus eigener Kraft bestreiten können. Sozialpolitik ist daher keine Umverteilung, sondern orientiert sich an drohenden oder realisierten Freiheitsverlusten und versucht, die Möglichkeiten zur Verantwortungsübernahme wiederherzustellen.

Zweite Chancen statt Alimentierung

Zentrale Aufgabe der Sozialpolitik ist es, Barrieren zwischen Arbeitslosigkeit und Erwerbstätigkeit zu beseitigen. Für uns Freie Demokraten heißt soziale Gerechtigkeit nicht Nivellierung, sondern Aufstiegschancen auch für die weniger Privilegierten unserer Gesellschaft. Deshalb treten Freie Demokraten für zweite Chancen im Sinne eines aktivierenden und aufstiegsorientierten Sozialstaats ein. Hilfe und Aktivierung für Menschen, die in Not geraten sind, muss Vorrang haben vor den Vorstellungen gemeinter Verteilungsgerechtigkeit zwischen Menschen, die zur Führung ihres eigenen Lebens ohne fremde Hilfe durchaus selbst in der Lage sind.

Soziale Absicherung ermöglicht Freiheit

Prinzipiell ist unsere Erwartung an mündige Bürgerinnen und Bürger, dass sie für ihre Bedürfnisse selbst aufkommen und sich gegen Lebensrisiken nach ihren eigenen Möglichkeiten und gemäß ihrer je eigenen Risikobereitschaft absichern. Wir müssen das Prinzip der privaten Vorsorge stärken, um den Sozialstaat nicht zu überfordern. Wir sehen aber auch, dass nicht alle Lebensrisiken von jedem und jeder Einzelnen selbst abgesichert werden können. Hier müssen sich alle auf zuverlässige Hilfsstrukturen verlassen können.

Die sozialpolitische Absicherung von Lebensrisiken ist Fundament für ein Leben in Freiheit und ermöglicht es, auf dem Arbeitsmarkt Risiken einzugehen. Dafür muss garantiert sein, dass Misserfolge und Scheitern nicht in menschenunwürdige Situationen führen. Wir erwarten aber auch von allen, die in Not geraten sind, dass sie sich selbst um einen Weg aus Armut und Abhängigkeit bemühen. Ohne eigenes Engagement und Wollen kann auch die Unterstützung der Gemeinschaft nicht zum Ziel führen.

Soziale Rechte statt Almosen

Der liberale Sozialstaat verteilt keine Almosen, sondern garantiert staatsbürgerliche Rechte freier Individuen. Wer in Not geraten ist, verdient es, als frei handelndes Mitglied der staatlichen Gemeinschaft anerkannt und behandelt zu werden. Als Liberale wenden wir uns daher gegen Stigmatisierungen und Ressentiments, denen Menschen in Not ausgesetzt sind. Ein würdevoller Umgang mit diesen Menschen muss jederzeit garantiert werden, gerade von staatlicher Seite.

Der Anerkennung aller Menschen als freier Individuen widersprechen oft auch die bevormundenden Untertöne unseres Wohlfahrtsstaates. Auch aus Achtung vor Würde und Freiheit der in Not Geratenen ziehen wir Subjekthilfe der Objekthilfe vor. Bevormundung tritt auch dort auf, wo Sach- statt Geldleistungen die Wahlfreiheit der Betroffenen bewusst einschränken. Hilfe zur Selbsthilfe und selbstorganisierte Unterstützung sind priorisiert zu fördern, denn sie sind Ausdruck freier Entscheidungen.

Förderung dezentraler Initiativen

Zu den Herausforderungen an die Sozialpolitik gehört die Unterschiedlichkeit individueller Lebenssituationen von Menschen in prekärer Lage. Ein Sozialstaat, der für jeden Notfall gesonderte Vorkehrungen zu treffen versucht, muss sich überfordern. Daher befürworten und fördern wir Freie Demokraten dezentrale soziale Initiativen vor Ort und sehen in ihnen wichtige Elemente einer liberalen Sozialpolitik.

Priorisierung und Controlling

In Deutschland werden enorme Summen für soziale Zwecke bereitgestellt. Dennoch können wesentliche Ziele nicht erreicht werden. Dies zeigt, dass sozialpolitische Maßnahmen oft weder effizient noch effektiv sind, teils sogar kontraproduktiv wirken. Sozialpolitische Maßnahmen und Förderungen müssen daher stärker daran gemessen werden, inwieweit sie Probleme langfristig lösen.

Auf allen föderalen Ebenen gibt es Kostentreiber im Sozialbereich, die zu einer zunehmenden Belastung für die Politik werden. Zuschüsse zur staatlichen Rente sowie Erziehungshilfen auf kommunaler Ebene sind Beispiele für ausufernde Kosten, die unsere Handlungsfähigkeit zunehmend einschränken. Eine zukunftsgerichtete Politik muss sich daran messen lassen, inwieweit es ihr gelingt, Lösungen für diese Herausforderungen zu finden, die den Bedürfnissen der Betroffenen gerecht werden, Probleme langfristig lösen und damit auch Handlungsspielraum zurückgewinnen.

Viele Sozialleistungen erfüllen nicht die Hoffnungen, die wir in sie setzen. Um eingesetzte Steuergelder effektiv und effizient für die Überwindung von Armut und Unterstützung von Hilfsbedürftigen einsetzen zu können, brauchen wir engmaschiges Controlling, regelmäßige Bedarfsanalyse und transparente Erfolgskontrolle aller durch Ämter, freie Träger und Selbstorganisationen mit öffentlichen Geldern erbrachter Leistungen. Es dürfen keine Erbhöfe durch Fördermittel an freie Träger entstehen.

Prävention

Die Verhinderung von Bedürftigkeit ist immer besser, als hinterher Bedürftigkeit überwinden zu müssen. Deshalb kommt der Suchtprävention, der Verhinderung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit und der Gesundheitsvorsorge besondere Bedeutung in der kommunalen Sozialpolitik zu. Wir wollen die Prävention stärken und sehen darin einen wichtigen Hebel zur Lösung sozialer Probleme. Dabei fordern wir insbesondere, die Förderung der psychischen Gesundheit stärker als bisher als wichtige Säule der Gesundheits- und Präventionspolitik zu verankern.

Bildung und Schule

In der Schule werden die Weichen für den zukünftigen Erfolg gelegt. Das gilt insbesondere für all diejenigen Schülerinnen und Schüler, die aus weniger gut situierten Elternhäusern kommen. Daher muss den Schulen und auch der vorschulischen Bildung mehr Beachtung geschenkt werden, gerade in Gegenden mit sozialen Brennpunkten. Die beste Sozialpolitik ist eine Politik, die Menschen rechtzeitig zur eigenen Lebensführung das nötige Rüstzeug mitgibt.

Bildung ist der Schlüssel zu sozialer Mobilität. Das Aufstiegsversprechen liberaler Gesellschaften kann nur dort eingelöst werden, wo nicht Abstammung und Wohnort von Kindern und Jugendlichen über ihren Bildungserfolg bestimmen. Daher fordern wir eine Bildungsoffensive gerade für die schulischen Einrichtungen in weniger privilegierten Stadtteilen.

Frühzeitige Integration

Menschen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen mussten und bei uns eine temporäre oder dauerhafte Heimat gefunden haben, kämpfen mit besonderen Herausforderungen. Sie benötigen Angebote zur Integration, um die deutsche Sprache zu lernen und sich in unserer Gesellschaft und auf unserem Arbeitsmarkt zurechtzufinden. Wir sehen bereits, dass viele dieser Menschen ihr Schicksal in die eigenen Hände nehmen und Verantwortung tragen für sich und andere. Wir wollen sie frühzeitig und konsequent dabei unterstützen und ermutigen, ein selbstständiges Leben aufzubauen.

Wenn Sozialpolitik ein stabiles Fundament braucht: Grundsätze einer liberalen Wirtschaftspolitik

Eine stark wachsende Stadt Leipzig steht damit vor der Herausforderung, auch immer höhere werdende Sozialausgaben stemmen zu müssen. Eine starke Wirtschaft muss somit das stabile Fundament einer lebenswerten Stadt und eines belastbaren städtischen Haushaltes sein.

Während Leipzig gemessen an der Einwohnerzahl Stuttgart überholt hat und auf Platz 7 der größten dt. Städte rangiert, liegt man beim Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner nicht mal bei der Hälfte der Stuttgarter Wertschöpfung und ist deutschlandweit abgeschlagen im Mittelfeld der Großstädte – hinter zum Beispiel Dortmund, Dresden und Essen.

Das Branding „Arm aber sexy“ nach Berliner Vorbild darf kein Zielbild sein. Mit liberaler Wirtschaftspolitik muss dringend ein Upgrade der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit folgen.

Selbstbestimmtes Arbeiten

Arbeit und Beruf sind nicht nur notwendig zur Finanzierung des je eigenen Lebens und gemeinschaftlicher Aufgaben, sondern vor allem zentrales Moment eines freien und selbstbestimmten Lebens. Leipzig muss national wie international für all jene der Anlaufpunkt sein, die durch eigene Leistung vorankommen möchten. Egal ob Kleingewerbetreibender, Mittelständler, Jungunternehmerin, Facharbeiter, Investor, Auszubildender oder Studierender: Wer in Leipzig einen Beitrag durch eigene Leistung beisteuert, muss auf eine Willkommenskultur in Stadtgesellschaft und Verwaltung stoßen.

Förderung von Start-Ups

Die Förderung von Start-Ups muss ein wichtiger Anker einer liberalen Wirtschaftspolitik sein. Dabei hat die Stadt Leipzig ein gutes Gründungsklima zu schaffen, z.B. durch die Bereitstellung von Gewerbeflächen und die Förderung von Netzwerken.

Wo dies möglich ist, müssen Bürokratie und Gründungskosten für junge Unternehmen auf ein Minimum reduziert werden.

Es muss klar sein: Leipzig steht dabei nicht im Wettbewerb zu Dresden oder Berlin, sondern muss sich im europäischen Vergleich gegen Hochburgen wie Breslau („Das polnische Silicon Valley“ oder Sofia, Bulgarien behaupten. Deswegen gilt es, mitteldeutsche Gründungszentren möglichst zu verbinden und Synergien zu heben.

Leipzig sollte daneben jeweils eine Partnerschaft zu diesen beiden osteuropäischen Gründer-Hochburgen anstreben.

Die Stadt Leipzig muss alle vorhandenen Kanäle nutzen, um internationale Investoren, Venture Capital Geber sowie Beteiligungsgesellschaften auf den Standort Leipzig aufmerksam zu machen und diese mit den UnternehmerInnen zu verbinden.

Handwerk stärken

Das Handwerk ist eine Schlüsselbranche, um insbesondere die nachhaltige Transformation zu bewältigen. Mit der liberalen Wirtschaftspolitik sollen deren Interessen daher hervorgehoben vertreten und geschützt werden. Wir handeln aus der Überzeugung heraus, dass nichtakademische und akademische Lebenswege gleichwertig sind.

Die Stadt sollte Plattformen schaffen, um die Anzahl der Kontaktpunkte beider Lebenswege zu erhöhen: An den städtischen Gymnasien sowie den Universitäten sollte das Handwerk deutlich präsentierter sein, um als Knowhow-Träger die Bildungsqualität dort zu erhöhen und gleichzeitig Werbung für sich zu machen, um Nachwuchskräfte für sich zu begeistern. Berufsorientierte Praxis muss an allen Bildungseinrichtungen gelebt werden.

Sofortmaßnahmen: Krise der Baubranche

Die derzeit aufkeimende Krise der Bauwirtschaft bedroht die wirtschaftliche Existenz vieler daran gebundener Unternehmen. Die Stabilität jener Branche ist aber essenziell, um die Wohnungsknappheit zu bekämpfen und die energetische Sanierung des Gebäudebestandes voranzutreiben.

Die Stadt Leipzig sollte daher versuchen, das entsprechende Auftragsvolumen zu schaffen, um dem Einbruch etwas entgegenzusetzen. Dazu gehört:

1. Turbo in der Bauleitplanung und der Bearbeitung von Baugenehmigungsverfahren

2. Enger Austausch zur lokalen Immobilien- und Baubranche, IHK und Interessenverbänden, Monitoring notleidender Betriebe

Verbesserung des Wirtschaftsverkehrs

Ein wichtiger Aspekt der liberalen Wirtschaftspolitik ist die Verbesserung des Wirtschaftsverkehrs. Die Stadt sollte sich bemühen, den Transport von Gütern und Dienstleistungen zu erleichtern, indem sie die Infrastruktur bereitstellt und z.B. Handwerker und deren Interessenverbände eng in die kommunale Verkehrsplanung einbindet.

Als Anspruchsberechtigte des Wirtschaftsverkehrs müssen auch die zahlreichen Arbeitskräfte aus dem Leipziger Umland gelten, welche täglich nach Leipzig pendeln und durch den Einsatz ihrer Kompetenzen der Motor für die wirtschaftliche Produktivität der Stadt sind.

Die nachhaltige Transformation des Verkehrs darf nicht mit der Brechstange erfolgen: Berechtigte Interessen aller Beteiligten im Wirtschaftsverkehr sind zu achten und in Kompromisse mit den Vertretern von Umweltverbänden o.ä. einzupflegen.

Ansiedlungspolitik

Die Wirtschaftsförderung der Stadt Leipzig muss vehement aktiv sein, um potenzielle Unternehmen für die Ansiedlung in Leipzig zu gewinnen. Innerhalb der Stadtverwaltung müssen alle Ämter gemeinsam für dieses Ziel verhaftet werden und so z.B. Baugenehmigungsverfahren zügig vorantreiben.

Die Wirtschaftsförderung soll sich bei der Vermarktung des Standortes Leipzig auf Zukunftsbranchen, insbesondere die MINT-Branchen, konzentrieren. Es muss dafür geworben werden, dass die Wertschöpfungstiefe am Standort Leipzig besonders hoch mit erfolgter Ansiedlung ist und man nicht nur als „verlängerte Werkbank“ gilt.

Wichtig ist hierbei die Kooperation mit den lokalen Bildungseinrichtungen wie Universität oder HTWK. Diese sollten animiert werden, auch intern die Kapazitäten und das Budget auf jene Studiengänge zu lenken.

Um der Globalisierung und Internationalisierung gerecht zu werden, sollte der Internetauftritt der Stadt mindestens in englischer Sprache vollständig abrufbar sein.

Stadtverwaltung als Arbeitgeber

Die Stadt Leipzig kann nur ein starker Wirtschaftsstandort sein, wenn die Verwaltung funktional ist. Daher gilt es, bestmöglich Effizienzen zu heben und verwaltungsferne Aufgaben outzusourcen. Einen weiteren Stellenaufbau und das Aufblähen des Verwaltungsapparates lehnen wir ab.

Dem Fachkräftemangel muss durch Arbeitgeberattraktivität entgegengewirkt werden. Hier darf Vergütung nur ein Aspekt sein. Die Stadtverwaltung sollte durch Unternehmenskultur, agile Arbeitsmethodik und Talentförderung am Arbeitsmarkt bestehen.

Um die Nähe zur Wirtschaft auch im Mindset der Mitarbeitenden zu verfestigen, sollten verstärkt Fachkräfte aus der freien Wirtschaft für die Stadtverwaltung gewonnen werden. Fehlende Verwaltungserfahrung soll durch gesonderte Förderprogramme kompensiert werden dürfen.

Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Die Verfügbarkeit von Plätzen in Einrichtungen der Kinderbetreuung ist notwendig, um Fachkräften in der Stadt Leipzig eine hohe Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen. Damit erhöht sich auch die wirtschaftliche Schlagkräftigkeit der Stadt.

Leipzig benötigt weiterhin einen umfangreichen Angebotsmix aus städtischer, freier und privater Trägerschaft. So wird Vielfalt sichergestellt und der wachsenden Nachfrage nach flexibler Betreuung entgegengekommen. Es gilt daneben die Gründung von Betriebskindergärten und privatwirtschaftlichen Kinderbetreuungseinrichtungen zu fördern. Für Unternehmen sind sie heute ein entscheidender Wettbewerbsvorteil bei der Akquisition qualifizierter Fachkräfte

Handel und Gastronomie

Handel und Gastronomie sind stadtbildprägend und haben einen sehr großen Anteil daran, dass Leipzig eine der lebenswertesten Städte in Deutschland ist. Daher gilt es, auch deren Interessen besonders zu schützen.

Der Stadtrat soll die Regelungen zur Sonntagsöffnung vollständig ausschöpfen. Darüber hinaus soll sich die Stadt Leipzig beim Freistaat Sachsen dafür einsetzen, in Sachsen die laut Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts maximal zulässige Sonntagsöffnung zu ermöglichen und generell für eine Liberalisierung der Ladenöffnung werben.

Generell gilt, dass die Bürokratie und Regulierung für Gastronomie- und Einzelhandelsbetrieben möglichst gering gehalten werden soll. Das bedeutet zum Beispiel die Vereinfachung von Genehmigungsverfahren oder die Lockerung von Vorschriften, um den Betrieb von Außengastronomie zu erleichtern.