Rückblick: Individuelle Lebenswege

Zum Auftakt der Veranstaltung des Leipzig Future Hub präsentierten die Teilnehmer in gewohnter Manier verschiedene Probleme und Herausforderungen, welche vielfältigen individuellen Lebenswegen entgegenstehen können.

Eine Gruppe war generell unzufrieden mit der Arbeit von Ämtern, Behörden und der Verwaltung, welche nach deren Empfinden und Erfahrung entweder zu langsam arbeiteten oder zu bürokratisch in veralteten Arbeitsabläufen agieren. So können z.B. Ausländerbehörden bei der Einbürgerung oder andere Ämter die zahlreichen Gewerbetreibenden bei der Umsetzung von individuellen Lebenswegen behindern.

Als Förderung von insbesondere jungen Unternehmen erarbeitete diese Gruppe „Behörde“ zum Beispiel den „Gründerbonus“, welcher eine Gewerbesteuer-Aussetzung von 24 Monaten vorsieht.

Damit soll diesen Unternehmen der Anreiz geboten werden, hartnäckig an eigenen Zielen festzuhalten. Gleichwohl sollen sogenannte Wirtschaftshöfe das Stadtbild in Leipzig ergänzen. Diese Orte dienen den Austausch unter Fachleuten und den niedrigschwelligen Zugang zu Werkstätten und Werkzeugen, z.B. 3-D-Druckern. Wer experimentieren möchte, oder etwas reparieren möchte, findet dort Zugang und Vernetzung. Behörden (z.B. die Wirtschaftsförderung) sollen diese Orte ermöglichen und bewerben. Weitere Ansätze sah die Arbeitsgruppe bei der Digitalisierung von Behörden. Im Zielbild sollte auch unter Einsatz von App- sowie webbasierten Plattformen und Einbindung von KI-Lösungen eine Antragsstellung und -bearbeitung 24/7 möglich sein. Verschiedene Behörden sollten übergreifend zusammenarbeiten und Antragsprozesse zusammenführen. In einer vielfältigen, immer mehr internationalen Stadtgesellschaft sollten alle kommunalen Dienstleistungen mehrsprachig verfügbar sein.

Eine weitere Gruppe versammelte sich unter dem gemeinsamen Eindruck der Unzufriedenheit mit dem Bildungssystem, welches aber sehr großen Einfluss auf die Ausgestaltung individueller Lebenswege hat. Fehlende Wertschätzung nichtakademischer Lebenswege, der starke Einfluss der sozialen Stellung des Elternhauses auf Chancen sowie die fehlender Ausrichtung auf Talente und Interessen der Schüler ergänzten die bekannte Kritik nach zu schlechter Ausstattung der Schulen mit Finanzmitteln und Personal.

Nachdem diese Gruppe „Bildung“ verschiedene Wünsche und Zielrichtungen definiert hat, wurde der Versuch unternommen, diese Punkte in eine „perfekte Gesamtschule“ als mögliches Instrument zu übersetzen. Diese Schulform soll die Klassen 7 bis 12 abdecken, woraufhin die Grundschulzeit verlängert wird und die Basis-Bildung dort verstärkt werden kann. Jede Gesamtschule als Anschlusslösung erhält hingegen einen fachlichen Fokus, welcher Schüler durch ein gemeinsames Interesse oder Talent eint und nicht durch das unterschiedliche durchschnittliche Leistungsniveau trennt. Wichtiger Baustein in der „perfekten Gesamtschule“ sind umfangreiche Ganztagesangebote sowie ein personell starkes Team aus Lehrkräften und Sozialarbeitern. Schulische Berufsorientierung nimmt dabei viel Raum ein: Bereits ab Klasse 7 soll einmal jährlich ein Praktikum möglich sein. Lebensnahe Unterrichtsfächer wie Hauswirtschaft und finanzielle Bildung runden das Angebot ab. Ähnlich dem Vorbild der Universitäten gibt es ein starkes Alumni-Netzwerk, dass den Schülern wertvolle Kontakte verschafft.

Ein besonders heiß diskutiertes Thema vereinte interessierte Teilnehmer des Leipzig Future Hub in einer Arbeitsgruppe, die das Spannungsfeld für bewusst traditionell lebende Menschen untersuchen wollte. Oftmals wird das Thema „individuelle Lebenswege“ in Hinblick auf Akzeptanz gegenüber Wegen diskutiert, die als „nicht-traditionell“ gelten können. Menschen, die gewissen als „altmodisch“ geltenden Traditionen folgen wollen, stehen hingegen unter gesellschaftlichem und politischem Druck. Wie tolerant möchten wir sein? Gibt es überhaupt Probleme für „Traditionalisten“?

Aufgrund des Tiefgangs und der unzähligen Perspektiven kam diese Gruppe „Traditionalisten“ nicht zu einer gemeinsamen Sicht auf die Ausgangssituation und zu konkreten Lösungen, konnte aber sehr gut die Konfliktlinien dieser Debatte den anderen Teilnehmern in der Schlussdiskussion skizzieren.

So zeigte sich in der ersten Konfliktlinie Akzeptanz vs. Toleranz, dass man am Beispiel von Frauenbadetagen zwar gewissen traditionellen oder religiösen Ansprüchen gerecht wird, dafür aber andere Konflikte herbeiführt. Auch unter dem Eindruck gesetzlicher Antidiskriminierungsvorschriften bedeuteten Akzeptanz und Toleranz nicht, dass man ein Recht darauf hat von Einflüssen unbehelligt zu sein, die einem selbst aufgrund des individuellen Lebensweges oder Werteverständnis unangenehm sind.

In der zweiten Konfliktlinie wurden Spannungsfelder in schulischen Einrichtungen aufgezeigt, wo Kinder- und Elternrechte gegeneinander abgewogen werden müssen. Einerseits soll die Schule Freiräume ermöglichen und andere Anschauungen vermitteln, andererseits sollen Eltern auch traditionell geprägte, manchmal dem Schulinhalt divergierende Werte vermitteln dürfen.

In ähnlichen Ausführungen wurden dann auch die Konfliktlinien Integration vs. Segregation und Freiheit vs. enge kulturelle Prägung diskutiert.

Das Thema führte in eine Vielzahl von Diskussionen und Klärungsversuchen, die einfache Lösungsversuche ausschlossen.

Fazit

Zahlreichen individuellen Lebenswegen steht eine Vielzahl, manchmal gefühlte Übermacht an Hindernissen und Herausforderungen gegenüber. Die Teilnehmer des 2. Leipzig Future Hub konnten in ihren Arbeitsgruppen sich dem nähern und tolle Ideen entwickeln oder zumindest die Probleme und Details der Konflikte im Brennglas analysieren.

Mit positivem Feedback und guten Anregungen konnte der Barcamp-Tag beendet werden.

Bilder vom zweiten Leipzig Future Hub